Unterwassergehäuse

Der feine Unterschied zwischen einem Foto und Elektronikschrott

Wer sich eine Unterwasserkamera beschaffen möchte, hat heutzutage die Qual der Wahl unter vielen Kamera-Marken und Modellen. Die Wahl eines passenden Gehäuses gestaltet sich ähnlich schwierig. Ein gutes Gehäuse ist ebenso wichtig wie die Kamera, doch oft wird dies vernachlässigt. Hier sind einige Kriterien und Tipps wiedergegeben, die in kaum einem Prospekt zu finden sind.

Billig ist oft teuer

Gehaeuse Billig
Bei diesem billigen Gehäuse aus China wurde die Wasserdichtigkeit wohl falsch herum implementiert: Das eingedrungene Wasser blieb zumindest den ganzen Tauchgang hinüber drin.

Ein professionelles Unterwassergehäuse ist oft mindestens gleich teuer wie die darin befindliche Kamera samt Objektiv. Der hohe Preis resultiert daraus, dass von einem Modell oft nur Kleinserien oder gar Einzelanfertigungen gefertigt werden. Der Markt hierfür ist überschaubar. Zudem werden heutige Digitalkameras oft nur für eine kurzen Zeitraum produziert und verkauft. Das Nachfolgemodell wird garantiert nicht mehr baugleich sein.

Was viele vergessen: Eine Kamera ist in der Regel kurzlebiger als das Gehäuse. Sie sollte gleich beim ersten Tauchgang emotional abgeschrieben werden. Die Frage ist nicht, ob das Gehäuse undicht ist, sondern nur wann. Eines Tages wird Wasser eindringen und Kamera und Objektiv zerstören. Der Schaden an einem guten Gehäuse bleibt minimal: meist nur ein O-Ring, der gereinigt oder evl. ersetzt werden muss. Es ist daher empfehlenswert, sich eine identische Ersatzkamera anzuschaffen, sei es eine neue oder eine günstige gebrauchte.

Alu oder Kunststoff?

Günstige Unterwassergehäuse sind meist aus Kunststoff, da sie mit Spritzguss-Technik relativ einfach in grossen Serien gefertigt werden können. Ein Vorteil von Kunststoffgehäusen sind geringes Gewicht (Fluggepäck). Oft sind Kamera und Gehäuse leichter als Wasser, so dass sie bei Verlust an der Wasseroberfläche treiben. Bei klarsichtigen Gehäusen aus Plexiglas lassen sich jederzeit Innenleben und Dichtung der O-Ringe kontrollieren.

Kunststoffgehäuse haben leider folgende Nachteile: Bei starken Stössen können sich Risse bilden. Bei Gehäusen für grössere Kameras ist der Auftrieb wegen der geringen Dichte von Kunststoff und je nach Bauform oft so stark, dass er mit einem zusätzlichen Gewicht ausgeglichen werden muss. Kunststoff leitet Wärme schlechter als Glas, weshalb als erstes oft genau das Glas im Port vor dem Objektiv beschlägt. Die mitgelieferten Silica-Gel Päckchen helfen nur bedingt. Vorteilhaft ist, wenn Durchführungen und Bedienelemente aus Metall gefertigt sind. Diese kühlen am schnellsten ab und Feuchtigkeit kondensiert dort.

Die Unterwassergehäuse der oberen Preisklasse sind meist mit einer CNC-Maschine aus einem Block Aluminium gefräst und sehr solide verarbeitet. Über Wasser sind die Gehäuse wegen der höheren Dichte von Aluminium zwar schwerer, doch im Wasser dafür gewichtsneutral konzipiert und das ist massgebend. Stösse verkraften sie gut. Eine Delle oder ein Kratzer beeinträchtigt die Festigkeit nicht. Der grösste Vorteil von Aluminium ist die hohe Wärmeleitfähigkeit. Feuchtigkeit in der Innenluft kondensiert immer am Gehäuse und nie am Glas des Ports.

Es gibt auch Hersteller, die relativ preiswerte, aber dennoch qualitativ gute Kunststoffgehäuse produzieren. Sie erreichen dies, indem für viele unterschiedliche Kameras ein identisches Gehäuse verwenden, welches sich nur durch die Bohrungen für Durchführungen und Port unterscheiden. Der Nachteil hier ist, dass diese Gehäuse oft grösser und klobiger als speziell für ein Kameramodell angepasste sind.

Ports

Dome Port
Für Aufnahmen mit Spiegelreflex-Kamera und Weitwinkel bis Fischauge ist ein grosser Dome-Port unerlässlich. Ob Acryl oder Mineralglas ist eine Kostenfrage. (Foto: P. Siman)

Die unter Wasser am häufigsten eingesetzten Aufnahmearten sind Weitwinkel bis zum Fischauge und Makro. Ein Unterwassergehäuse soll daher entweder Adapter und entsprechende Vorsatzlinsen bieten oder bei Spiegelreflex- und Systemkameras mit Wechselobjektiven entsprechende Ports.

Wer gerne Halb-Halb-Aufnahmen mit einem Fischauge macht, verwendet mit Vorteil einen grossen (ca. 200 mm) halbkugelförmigen Dome-Port, da sich so die Wasserlinie gut positionieren lässt. Für Aufnahmen im Makrobereich bis Standardbrennweite werden Planports verwendet, wobei das Frontglas so nahe wie möglich am Objektiv sein soll.

Ports sind entweder in Mineralglas oder Plexiglas erhältlich. Mineralglas ist unempfindlicher gegen Kratzer, dafür teurer und schwerer. Wasser soll leichter abperlen, was für Halb-Halb-Aufnahmen vorteilhaft ist. Acrylglas kriegt zwar leicht Kratzer, da es aber einen ähnlichen optischen Brechungsindex wie Wasser besitzt, bleiben diese unter Wasser in den meisten Situationen fast unsichtbar. Kleinere Kratzer lassen sich gut mit Polierpaste wegpolieren, bei grösseren zumindest die Kanten glätten. Die Bildqualität beider Materialien ist in etwa gleich.

Blitzadapter

Blitze optisch
Mit optisch gesteuerten Blitzen lässt sich allerhand Unfug treiben. Sie lösen jedesmal brav aus, wenn man vom Tauchbuddy fotografiert wird.

Der in Kompaktameras integrierte Blitz dient unter Wasser hauptsächlich dem Aufhellen des Planktons vor der Linse. Wer mehr als nur weisse Punkte oder flache Makrofotos machen will, braucht einen oder besser zwei externe Blitze mit Gelenkarmen. Ein Unterwassergehäuse soll darum mindestens eine Buchse für ein elektrisches Blitzkabel oder eine Montagemöglichkeit für ein optisches Blitzkabel besitzen.

Blitzbuchsen
Blitzbuchsen für elektrische Kabel gibt es fünfpolig (hier Modell Nikon N5) und sechspolig (S6). Für Blitze ohne TTL reichen drei Kontakte. Einen zweiten Blitz besser mit Y-Kabel ansteuern, nicht wie hier abgebildet mit einer zweiten Buchse, da jede Bohrung eine weitere Schwachstelle bietet.

Optische Blitzkabel (Lichtwellenleiter) sind einfacher in der Handhabung, funktionieren mit fast allen Kompaktkameras und den meisten externen Blitzen. Da optisch gesteuerte Blitze im Sklavenmodus arbeiten, haben sie die unangenehme Eigenschaft, dass sie manchmal auch auslösen, wenn jemand anderes in der Nähe mit Blitz fotografiert. Manchmal reicht es auch schon, wenn sich nahe an der Wasseroberfläche das Sonnenlicht in einer Welle bricht.

Zuverlässiger arbeiten Blitze, welche mit Kabeln und Nasssteckern elektrisch angesteuert werden. Dafür müssen aber zusätzlich zwei Stecker gewartet und auf Dichtigkeit kontrolliert werden, denn Salzwasser und elektrischer Strom setzen jedem Metall arg zu. Für einen zweiten Blitz ist evl. ein Y-Kabel empfehlenswerter, da eine zweite Buchse einen zusätzlichen Schwachpunkt für das Gehäuse darstellt.

Bedienbarkeit

Kamera dicke Handschuhe
Mit dicken Trockenhandschuhen ist es of schwierig die kleinen Knöpfe so mancher Kompaktkamera zu bedienen.
Gehaeuse Knoepfe
Manchmal ist weniger auch mehr. Nicht jede Taste einer Kamera muss auch unter Wasser bedient werden können. Jede zusätzliche Bohrung erhöht das Risiko eines Wassereinbruchs.

Wer gerne in kalten Gewässern taucht, tut sich mit dicken Handschuhen bei kleinen Kompaktkameras oft schwer mit den kleinen, nahe beieinander liegenden Knöpfen. Ein langer Auslösehebel ist vorteilhaft, da der Auslöseknopf einer Kamera mehrere Positionen hat (halb gedrückt = Autofokus und Belichtungsspeicherung aktiviert, ganz gedrückt = Aufnahme). So sind diese Positionen auch mit dicken Handschuhen gut erfühlbar.

Die wichtigsten Bedienelemente (Auslöser, Blende, Belichtungszeit, +/- Korrektur) sollten am besten alle ohne Umwege mit einer Hand bedient werden können, denn oft hat man unter Wasser nur eine Hand frei. Eine Handschlaufe macht bei grossen Unterwassergehäusen das Halten und die Bedienung mit einer Hand leichter.

Verschlüsse

Gehaeuse Clownfisch
Unterwassergehäuse von Kompaktkameras sind oft auf einer Seite mit Scharnier verbunden und auf der anderen mit einem Verriegelungsmechanismus. Bei transparenten Gehäusen kann jederzeit das Innenleben und der O-Ring kontrolliert werden.
Gehaeuse Deckel
Bei Gehäusen, deren Rückwand mit einem Scharnier verbunden ist, ist das Verschliessen besonders heikel. Der Druck auf den O-Ring ist ungleichmässig und er kann sich leicht verziehen, wenn er nicht genügend gefettet wird.

Bei den Gehäuseverschlüssen existieren zwei unterschiedliche Bauweisen. Bei Gehäusen für kleine Kompaktkameras ist die Rückwand auf einer Seite mit einem Scharnier mit dem Gehäuse verbunden und auf der anderen Seite wird sie mit einem Verschlussmechanismus festgehalten. Diese Bauweise ist zwar sehr kompakt, birgt aber folgendes Problem: Beim Schliessen wird der meist seitlich in einer Nut befindliche O-Ring mit ungleichmässigem Druck radial zusammengepresst. Es kann vorkommen, dass er sich verzieht, wenn er nicht genügend eingefettet ist. Besonders kritisch sind die dem Scharnier gegenüber liegenden Ecken.

Unproblematischer sind hier Gehäuse, bei welchen die ganze Rückwand entfernt werden kann. Der O-Ring liegt meist oben in einer Nut im Gehäuse und beim Schliessen wird der O-Ring gleichmässig zusammengepresst.

Bei den Verschlüssen gibt es Schnallen, Drehverschlüsse und Schrauben. Wichtig ist, dass der Verschlussmechanismus gegen unabsichtliches Öffnen gesichert ist. Versenkte Schrauben benötigen zwar ein Werkzeug zum öffnen, sind aber die sicherste Methode mit dem geringsten Platzbedarf.

Ein- und Ausbau

Besonders praktisch ist, wenn die Kamera zum Wechseln der Batterie, Speicherkarte und Objektiv nicht aus dem Gehäuse ausgebaut werden muss. Da kann gerne mal etwas schief gehen. Bei manchen Gehäusen wird die Kamera auf einem Schlitten montiert, mittels dem sie einfach heraus gezogen und wieder hinein gesteckt werden kann.

Ersatzteile und Reparatur

Die in Europa gefertigten Gehäuse sind zwar vergleichsweise teuer, haben aber den Vorteil, dass oft standardisierte Einzelteile (z.B. Schrauben, Federn, Klemmringe, O-Ringe) verwendet werden, die man günstig in jedem besseren Handwerkgeschäft findet. Kleinere Reparaturen können selber vorgenommen werden. Bei grösseren ist der Versandweg kürzer.

Pflege & Tipps

O Ring
O-Ringe sind das wichtigste und zugleich billigste Bauteil. Sie wirken magisch anziehend auf Staub und müssen immer gereinigt und eingefettet werden, damit sie geschmeidig bleiben. Dieser O-Ring eines billigen China-Gehäuses ist ein schlechtes Beispiel: er ist nicht rund, sondern besitzt eine flache Innenseite. Ein wenig verdreht und schon ist er undicht.

Die heikelsten Bauteile eines Unterwassergehäuses sind die O-Ringe für Rückwand und Port. Bei jedem Öffnen und Schliessen kann Schmutz oder ein Haar auf den O-Ring gelangen und so das Gehäuse undicht machen. Darum sollen O-Ringe regelmässig gereinigt und mit Silikonfett eingefettet werden. Nicht zuviel verwenden, denn das zieht wiederum Schmutz an. Unbedingt das vom Hersteller empfohlene Silikonfett nehmen, denn ein falsches kann dazu führen, dass der O-Ring aufquillt. Verletzte oder spröde gewordene O-Ringe austauschen.

Nach jedem Tauchgang im Meer sollte das Gehäuse mit Süsswasser abgespült werden, sonst kann beim trocknen Salzwasser in den Ritzen kristallisieren. Es ist ratsam, das Gehäuse nicht stundenlang im Becken liegen zu lassen, denn meistens leckt es bei wenig Wasserdruck. O-Ringe werden dichter je tiefer unter Wasser man sich befindet, da sie stärker gegen das Gehäuse gequetscht werden.

Sofern es die Akkukapazität und die Speicherkarte zulässt, ist es empfehlenswert im Tauchurlaub das Gehäuse nicht nach jedem Tauchgang zu öffnen, sondern nur einmal am Abend. Dies reduziert die Gefahr, dass O-Ringe verschmutzen oder das Gehäuse nicht richtig verschlossen wird. Hierzu soll man sich Zeit lassen und nicht husch husch zwischen Briefing und Tauchgang noch rasch die Kamera zusammen bauen. Für Aufnahmen über Wasser eignet sich z. B. die identische Ersatzkamera.

Nach jedem Verschliessen kontrollieren, ob die Kamera korrekt eingebaut ist, sich alle Tasten bedienen lassen, der Blitz richtig angeschlossen ist, ob alle Akkus geladen sind und eine Probeaufnahme mit Blitz machen.

Wenn das Unterwassegehäuse über eine längere Zeit gelagert werden soll, entweder die Rückwand öffnen oder den O-Ring entfernen, sonst kann sich dieser verformen und wird undicht.

Am besten werden Silica-Gel Päckchen in einem luftdichten Behälter zusammen mit einem ganz grossen gelagert. So können sie sich im ungenutzten Zustand weniger mit Luftfeuchtigkeit aufsaugen. Silica-Gel lässt sich nach Gebrauch wieder regenerieren, indem es im Backofen für ein paar Stunden auf etwa 80 °C erhitzt wird und so das aufgenommene Wasser ausgetrieben wird.

Sollte sich unter Wasser dennoch einmal der Port beschlagen, so hilft es oft, mit dem Finger oder Handballen so lange schnell darüber reiben, dass sich das Glas etwas erwärmt und der Beschlag auflöst. Man hat dann für die nächsten ein bis zwei Aufnahmen wieder freie Sicht. Das während dem Reiben entstehende Quietschen sorgt für verdutzte Gesichter bei Mittauchern und Fischen.