Luftqualität in Tauchflaschen

Alles nur gequetschte, frische Bergluft?

Das berühmte Sätzchen «Taucher brauchen saubere Luft», welches Tauchanfänger als Eselsbrücke für den Buddycheck lernen, kennt sicher jeder. Aber hast Du dir schon einmal Gedanken darüber gemacht, was Du da unter Wasser alles einatmest?

Saubere Luft wird von Tauchern oft als eine Selbstverständlichkeit wahrgenommen, so dass vor einem Tauchgang gerade einmal nur der Druck in der Flasche kontrolliert wird. Glücklicherweise sind Tauchunfälle aufgrund schlechter Atemluft sehr selten, doch sollten Taucher darauf sensibilisiert sein, dass die gefährlichsten Verunreinigungen des Atemgases nicht unbedingt mittels Geruchsprobe festgestellt werden können.

BestandteilGrenzwert
Sauerstoff O2 (21 ± 1) %
Kohlenstoffdioxid CO2 ≤ 500 ml m–3 (ppm)
Kohlenstoffmonoxid CO ≤ 5 ml m–3 (ppm)
Öl ≤ 0.1 mg m–3
Wasserdampf H2O ≤ 25 ml m–3
Geruch kein
Grenzwerte für Druckluft-Atemgeräte nach EN 120121:2014.

Atemgasverunreinigungen lassen sich ihrer Wahrscheinlichkeit nach in drei Gruppen unterteilen:

  1. Am häufigsten in Pressluft: Kohlenmonoxid (CO), Kohlendioxid (CO2), Feuchtigkeit (H2O), kondensiertes Öl, Partikel und Gerüche
  2. An bestimmten geografischen Orten: flüchtige Kohlenwasserstoffe und organische Komponenten wie z. B. Methangas (CH4)
  3. Seltene aber dennoch auftretende giftige Substanzen: z. B. Dämpfe von Reinigungsmitteln und halogenhaltigen Lösungsmitteln, Fahrzeugabgase, Schwefel und Produkte und Gase auf Stickstoffbasis

Der Kompressionsprozess selbst kann nur Öl (Dämpfe oder kondensiert), Staub und gewisse Mengen von CO und CO2 hinzufügen. Alle anderen Verunreinigungen, besonders grössere Mengen an CO und CO2, sowie Feuchtigkeit müssen aus der angesaugten Umgebungsluft stammen, um später in der Tauchflasche zu landen.

Für Taucher ist die Reinheit des Atemgas besonders wichtig, da bei zunehmender Tiefe sich der Partialdruck der schädlichen Gase proportional zum Umgebungsdruck erhöht. D. h. in einer Tiefe von 50 m ist die Schadstoffkonzentration sechsfach höher als unter Normaldruck. Eine geringe Konzentration, die an der Oberfläche gefahrlos über einen längeren Zeitraum atembar ist, kann somit mit zunehmender Tiefe gefährlicher werden.

Kohlenstoffmonoxid (CO)

CO Pro
Die Verpackung sieht ein bisschen aus wie ein Kondom, doch darin befinden sich ein Ballon und eine Messtablette, welche sich bei zunehmendem CO-Gehalt dunkel färbt. Bild: co-pro.com

Dieses geruch-, geschmacks und farblose Gas entsteht hauptsächlich bei der unvollständigen Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Brennstoffen (z. B. Benzin, Diesel, Holz, Tabak). In der Erdatmosphäre kommt es in einer mittleren Konzentration von etwa 90 ppb (parts per billion, 10–9) vor. Einmal eingeatmet wird es rund 200 mal besser an die roten Blutkörperchen (Hämoglobin) gebunden als Sauerstoff. Dadurch wird die Fähigkeit den für den Stoffwechsel in den Körperzellen notwendige Sauerstoff zu transportieren reduziert. Ist die Konzentration zu hoch, führt dies zu Sauerstoffmangel oder gar zum Tod.

Das Einatmen von schon geringen Dosen unter 0.01 % in der Atemluft führt zu chronischen Erkrankungen an Herz und Nerven. Ab 0.1 % wirkt CO nach längerem Einatmen tödlich.

Greisinger GCO100
Wer es genau nehmen will, prüft den CO-Gehalt elektronisch. Bild: greisinger.de

Obwohl CO die gravierendste Atemgasverunreinigung ist, sind Tauchunfälle aufgrund dessen relativ selten. Typische Anzeichen und Symptome einer CO-Vergiftung sind: Kopfschmerzen und ein Druckgefühl im Kopf, Schwindel, Übelkeit, Atemnot bei Belastung, Verwirrung, Erbrechen, Lähmung, Bewusstlosigkeit.

Wer bei sich oder beim Buddy Anzeichen einer CO-Vergiftung feststellt, sollte sofort nicht mehr aus der kontaminierten Flasche atmen und den Tauchgang beenden. Der Tauchbuddy kann mit dem Zweitautomaten zwar aushelfen, doch ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass auch seine Flasche mit demselben Kompressor gefüllt wurde. Es sollten so bald wie möglich lebensrettende Sofortmassnahmen eingeleitet und 100 % Sauerstoff verabreicht werden.

Im Filtersystem eines Kompressors wird mittels eines Hopkalit Katalysators CO in weniger schädliches CO2 umgewandelt.

Kohlenstoffdioxid (CO2)

Kompressor Filter
Eine zerlegte Filterpatrone. Die weissen Kügelchen binden Feuchtigkeit. Das schwarze ist Hopkalit, welches CO zu CO2 umwandelt. Bild: adriancollier.com

Kohlenstoffdioxid entsteht bei der Verbrennung und mikrobiologischen Zersetzung von organischen Stoffen, Atmung, sowie bei der Umwandlung von CO zu CO2 im Filtersystem eines Kompressors. Die mittlere Konzentration in der Erdatmosphäre beträgt etwa 400 ppm (parts per million, 10–6).

Erhöhte Mengen an CO2 wirken auf das Atemzentrum und erhöhen die Atemfrequenz. Bei tieferen Tauchgängen ist dies ein erhebliches Risiko für die Atmung. Bei erhöhtem Sauerstoffpartialdruck kann CO2 die Wahrscheinlichkeit von Krämpfen aufgrund einer Sauerstoffvergiftung erhöhen. Ab einer Konzentration von etwa 5 % treten beschleunigter Herzschlag, Blutdruckanstieg, Atemnot und Bewusstlosigkeit auf. Konzentrationen ab 8 % führen innerhalb von 30 bis 60 Minuten zum Tod.

Wasser

Wasserdampf ist in der Erdatmosphäre enthalten. Je höher die Lufttemperatur, desto mehr Wasser kann aufgenommen werden. Unter Normaldruck und bei 20 °C kann ein Kubikmeter Luft bis zu 17 g Wasser enthalten.

Feuchte Atemluft ist zwar für Atemwege und Lunge erwünscht, doch fördert dies die Korrosion in der Tauchflasche und den Atemreglern. Bei niedrigen Wassertemperaturen können Atemregler einfrieren. Ein stets feuchtes Milieu begünstigt das Wachstum von Bakterien und Pilzen, was unangenehme Gerüche verursacht und alles andere als gesund ist. Im Kompressor muss dieses Wasser mittels Kondensatabscheider und Trocknungsfilter entfernt werden.

Öl (kondensiert)

Maximator Personalfilter
Ein Personalfilter kann beim Füllen zwischen Flasche und Kompressor geschaltet werden und den Restölgehalt reduzieren. Bild: divesupport.de

Öl in der Tauchflasche stammt vorwiegend aus dem Kompressor, z. B. Schmiermittel oder verunreinigte Zuleitungen. Grössere Tröpfchen können von den körpereigenen Schutzmechanismen abgefangen werden. Kleinere können vom Körper aufgenommen und ein gesundheitliches Risiko darstellen.

Liegt der Restölgehalt deutlich über dem Grenzwert, so macht sich das durch einen öligen, abgestandenen Geschmack bemerkbar. Nebst einer akuten Reizung durch Husten und Atembeschwerden, kann es zu Übelkeit und Erbrechen kommen. Wird dies über einen längeren Zeitraum eingeatmet, kann es zu einer öligen Ablagerung und Gewebeschädigung in der Lunge kommen.

Partikel

Nautec Mikrofilter
Mikrofilter im Flascheninneren halten feinste Partikel und Wasserdampf vom Atemregler fern. Bild: dive-nautec.de

Partikel können aus der Umgebungsluft angesaugt werden (z. B. Staub, Pollen) wie aus Kompressorkomponenten (z. B. Filter, verunreinigte Zuleitungen) oder den Kontrollelementen stammen.

Partikel kleiner als 10 µm können Kurzatmigkeit verursachen, besonders wenn schon eine Anfälligkeit auf Asthma und Bronchitis vorhanden ist. Grössere Partikel können Druckregler verstopfen und Dichtungen undicht machen.

Gerüche

Riecht das Gas aus der Flasche unangenehm, so stammen diese Gerüche mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Umgebung des Kompressors. Ein schlechter Geruch an sich ist nicht gesundheitsschädlich, doch dient er als ein gutes Indiz dafür, dass etwas mit der Luft in der Flasche nicht in Ordnung ist, was mit der Nase nicht festgestellt werden kann (z. B. erhöhte Mengen von CO oder CO2).

Methan (CH4)

Methan ist farb- und geruchlos. Es kommt in der Erdatmosphäre in einer mittleren Konzentration von 1.75 ppm vor. In bestimmten Gebieten, z. B. In der Nähe eines Viehstalls, einer Mülldeponie oder sonstigen, sich zersetzenden organischen Materials, kann die Konzentration deutlich höher liegen und so von einem Kompressor angesaugt werden. Methan ist nicht giftig, doch kann es bei einen negativen Einfluss haben, wenn der Sauerstoffgehalt unter 16 % liegt, wie z. B. bei hypoxischem Trimix.

Flüchtige Kohlenwasserstoffe und organische Verbindungen

Darunter fallen Toluol, Xylol, Benzol, Ethan, Styrol und Azeton. Diese Verbindungen haben meist einen charakteristischen Geruch und stammen aus Baustoffen, Kunststoffen, Klebstoffen, Reinigungsmitteln, Möbeln, Teppichen. Sie können auch bei überhitzten Kompressoren entstehen.

Die meisten Stoffe sind krebserregend, wirken narkotisch, können Nerven- und Organschäden verursachen. Anfängliche Symptome sind Müdigkeit, Kopfschmerzen, Verwirrung, Taubheit, Herzrhytmusstörungen und Depression.

Seltene Verunreinigungen der Gruppe 3

Die Verunreinigungen in dieser Gruppe sind zu unterschiedlich, als dass sie im Detail diskutiert werden können. Typisch sind Dämpfe von Reinigungs- und Lösungsmittel, welche nicht in Gruppe 2 aufgeführt wurden, sowie Schwefelwasserstoff (H2S), Schwefeldioxid (SO2), Stickoxide (NOx), Qualm, Ozon, Bleiverbindungen, Asbest und viele andere. Jede hat spezifische schädliche Wirkungen auf den Menschen, aber keine signifikante auf die Ausrüstung. Bei Stickoxiden ist es bekannt, dass dass sie die Lungenfunktion negativ beeinträchtigen.

Vorbeugung durch den Kompressor-Betreiber

Kompressor Windrichtung
Beim Platzieren eines Kompressors ist die Windrichtung zu beachten. Bild: bauer-kompressoren.de

In der Schweiz gibt es keine behördliche Kontrolle von Kompressoranlagen. Jeder ist für den regelmässigen Unterhalt und die Einhaltung der Grenzwerte (siehe Tabelle) selber verantwortlich.

  1. Sicherstellen, dass sich der Lufteinlass des Kompressors nicht in der Nähe von potentiellen Verunreinigungsquellen befindet.
  2. Es darf in der Nähe nicht geraucht oder etwas verbrannt werden.
  3. Einsaugfilter der dem Wind zugewandten und Auspuff der abgewandten Seite positionieren.
  4. Das richtige Kompressoröl und richtigen Filter verwenden.
  5. Der Luftansaugschlauch darf nicht beschädigt sein.
  6. Schlauchverbindungen müssen fest sitzen. Sie lockern sich gerne durch Vibrationen.
  7. Vorgeschriebene Wartungsintervalle genau beachten. Häufige Nutzung kann zur Überhitzung führen, so dass sich Schmieröl in giftige Bestandteile wie z. B. CO zersetzt.
  8. Regelmässige Qualitätskontrolle der Atemluft mit Messröhrchen oder elektronischen Analysegeräten.

Vorbeugung durch den Taucher

Es gibt einiges, was der Taucher selbst beachten muss und vorbeugen kann. Grösstenteils bleibt saubere Luft jedoch Vertrauenssache, da eine detaillierte Gasanalyse jeder Flasche vor dem Tauchgang übertrieben ist.

  1. Vor jedem Tauchgang eine Geruchsprobe machen.
  2. Flasche nur bei seriösen Tauchcentern, Tauchclubs oder Tauchgeschäften füllen lassen.
  3. Bei Zweifel, erkundigen, ob regelmässig der Kompressor gewartet und die Luftqualität kontrolliert wird.
  4. Bei unbekannten Füllstation kontrollieren, wo der Lufteinlass ist. Dies gilt besonders in den Ferien.
  5. Vor dem Befüllen einer Flasche das Ventil kurz öffnen, um Wasserreste auszublasen.
  6. Stets einen Restdruck in den Flaschen behalten, damit keine Feuchtigkeit eindringen kann.
  7. Nicht direkt vor einem Tauchgang rauchen. Zigarettenrauch enthält auch CO
  8. Wenn Du der Füllstation nicht traust, kontrolliere die Atemluft, z. B. mit CO-Pro Tablette oder einem elektronischen CO-Messgerät.
  9. Personalfilter können beim Füllen zwischen Kompressor und Flasche geschraubt werden. Sie trocknen aber nur die Luft und befreien sie von Ölrückständen. CO und CO2 kann nicht herausgefiltert werden. Auch ist die Handhabung bei automatischen Füllanlagen problematisch, da der Druckanstieg nicht zu schnell erfolgen darf.
  10. Mikrofilter können im Flascheninnern am Ventil auf oder anstelle des Wasserschutzrohrs montiert werden. Sie filtern feinste Partikel (Flugrost aus der Luft. Der hydrophobe Kunststoff hält Feuchtigkeit zurück und schützt so den Atemregler vor möglicher Vereisung.

In dem Sinne erst Recht wünscht die tr allen Lesern immer: Guet Luft!

Quellen

  1. Brittany Trout, Francois Burman: «Verunreinigungen im Atemgas vermeiden», DAN Alert Diver, alertdiver.eu
  2. DAN Europe, Luftqualität, daneurope.org
  3. Francois Burman: «Scuba Air Quality, Part 1: What do the Limits really mean?», DAN Alert Diver, Autumn 2012
  4. Francois Burman: «Scuba Air Quality, Part 2: How do we analyse the air we are breathing?», DAN Alert Diver, Spring 2013
  5. Bauer PureAir bauerpureair.com
  6. EN 12021:2014: Atemgeräte – Druckgase für Atemschutzgeräte; Deutsche Fassung