Critters mit Mandarinen
Sabang, Insel Mindoro, Philippinen
Haben Sie sich schon einmal dabei ertappt, wie Sie unter Wasser minutenlang aufmerksam irgendein Hölzchen, ein Blatt oder einen Algenfetzen betrachtet haben? Nun, das kann Ihnen nach einem Tauchurlaub auf den Philippinen durchaus auch schon mal in heimischen Gewässern passieren ...
Im Jahre 1932 gründete die Universität der Philippinen in einem kleinen verschlafenen Fischerdörfchen namens Puerto Galera eine meeresbiologische Station und schickte jeden Sommer eine Gruppe Studenten dorthin, welche Feldstudien betrieben. Einer dieser Studien zufolge soll hier die Artenvielfalt weltweit am höchsten sein. 1973 wurde das Gebiet von der UNESCO zum Forschungszentrum ernannt und die umliegenden Riffe unter Schutz gestellt. Kurz danach setzte der Tourismusboom ein. Anfänglich waren es Rucksacktouristen, dann wurde das Gebiet mehr und mehr zum beliebten Ziel zahlreicher Taucher. Die Bevölkerung und Infrastruktur stiegen rasch an.
Sabang
Das ehemalige Fischerdörfchen hat sich zu einem kleinen Städtchen und Scuba-Eldorado entwickelt. So reihen sich in der kleinen Hafenbucht eine Tauchbasis nach der anderen auf und es herrscht überall geschäftiges Treiben. Einheimische und Touristen leben Tür an Tür. In etwa einer halben Stunde lassen sich die Gässchen in Sabang erkunden und mehrere Läden entdecken, in denen Dinge des täglichen Bedarfs, Souvenirs und sogar komplette Tauchausrüstungen gekauft werden können. Zahlreiche fliegende Händler bieten Früchte, allerlei Krimskrams und Imitate namhafter Schweizer Uhren an, werden aber nach einem gelächelten «no thank you» nicht weiter aufdringlich. Mehrere Restaurants, Discos, Bars und Billard-Salons versprechen ein reges Nachtleben für all jene, welche nach einem erfüllten Tauchtag mit viel Stickstoff im Blut dazu noch genügend Energie haben.
Tauchen
Mehr als 30 Tauchplätze befinden sich in unmittelbarer Nähe rund um Sabang und sind in wenigen Minuten bis zu einer halben Stunde Fahrt in einem kleinen Boot bis max. 10 Personen erreichbar. Weitere werden als Tagestouren in grösseren Bankas angeboten. Auch nach zwei Wochen Nonlimit-Tauchen wird es einem nie langweilig, denn viele Tauchplätze reizen zu mehreren Tauchgängen. Die betauchbaren Tiefen liegen selten tiefer als 30 Meter und sind meist für Anfänger geeignet. Strömungsliebhaber kommen auch auf ihre Kosten, denn in der Strasse zwischen Luzon und Mindoro kann es bei Gezeitenwechsel ganz schön zugig werden. Die Wassertemperaturen liegen zwischen 25 und 30 Grad, ein 3–5mm-Nassanzug ist ausreichend. Die reichhaltige und weitgehend intakte Unterwasserlandschaft bietet Wracks; Sandflächen mit Korallenblöcken; farbenfrohe Gärten mit den unterschiedlichsten Weich- und Hartkorallen und grossen Gorgonien, die sich grösstenteils in einem guten Zustand befinden; Steilwände, Canyons, Felsblöcke, Überhänge und zu guter Letzt eine nicht zu verachtende Seegraswiese direkt am Hausriff. Aufgrund des nährstoffreichen Wassers betragen die Sichtweiten zwar selten mehr als 20 Meter, doch das ist bei der Artenvielfalt im Kleintierbereich zweitrangig. Mit etwas Glück, Geduld und einem guten Auge darf man am Ende der Tauchferien im Riffführer bei vielen Tieren ein Häkchen machen.
Hausriff
Das Hausriff ist bei Weitem keine Verlegenheitslösung und bietet besonders für Fotografen eine Möglichkeit zu individuell ausgedehnten Tauchgängen mit vielerlei Fotomotiven von Makro bis Fischauge, für die man sich ungestört Zeit nehmen kann.
Ein Beispiel: Ein Boot setzt einen bei den Schiffswracks auf 18 m Tiefe aus. Beim Stahlwrack begrüsst einen ein Schwarm neugieriger Fledermausfische. Das eine der zwei Holzwracks nennen zwei schwarze Anglerfische ihr Zuhause, auch Skorpionsfische, Rotfeuerfische und Muränen sind dort heimisch. Beim langsamen Austauchen über die Sandflächen zwischen Korallenblöcken findet man mit etwas Glück und scharfen Augen Flügelrossfische oder einen Himmelsgucker, der bis auf Augen und Maul unsichtbar im Sand vergraben ist. Aufmerksam beäugen uns Seezungen mit ihrem schiefen Gesicht und gleiten mit einer Wellenbewegung über den Boden. Dort neben dem Stein kauert eine Sepia, die glaubt, man sähe sie nicht, wenn sie Farbe und Struktur des Sandes imitiert. Eine von Weitem traurig aussehende, schiefe Zylinderrose im Sand entpuppt sich als Heimat einer Schwimmkrabbe, die gerade eine Salpe verspeist – ein farbenfrohes Kleinod in der Makro-Welt. Clownfische bewachen mutig, dann scheu, dann doch wieder mutig ihre Anemone, in der eine durchsichtige Garnele mitsamt Eiern im Körper herumkrabbelt. Ein unscheinbares Knäuel Schiffstau verleitet, etwas genauer hinzuschauen ...
Nanu? Dieses Blatt hat Augen und blickt einen an: ein Schaukelfisch. Leider verkriecht er sich und will nicht fotografiert werden. Dort sitzt ein Schwamm mit Mund und Augen: ein brauner Anglerfisch. Ein Helm-Flughahn inspiziert mit seinen Flossenstrahlen den Sand und als er uns bemerkt, spreizt er seine bunten Flügel, um grösser zu wirken. Er zieht ab in Richtung Seegraswiese, auf der eine grosse Schildkröte genüsslich Seegras weidet, umringt von vielen Seesternen – dumm, wenn dann gerade das lange Makro-Objektiv montiert ist. Weiter zu den Korallenblöcken, durch welche sich eine fingerdicke schwarz-blau geringelte Seeschlange schlängelt und dann ein Nickerchen macht. Ein Schwarm Schnepfenmesserfische drängt sich aneinander und imitiert Seegras in der Dünung. Nach zu schnell verstrichen zwei Stunden neigt sich der Luftvorrat in der Flasche dem Ende. In der Tauchbasis zeigt ein Guide auf dem Display seiner Kamera ein Foto von einem Blauring-Oktopus. «Heute morgen am Hausriff geschossen», grinst er stolz.
Nachts
In der Abenddämmerung können am Hausriff für knapp eine Stunde an einer ca. 5 m tiefen Stelle die scheuen Mandarinfische beobachtet werden. Schon beim Abstieg erblickt man manchmal eine Gruppe Taucher einer anderen Basis, die sich sternförmig um ein Loch in einem Korallengeröllfeld aufgereiht haben. Einmal war sogar einer mit einem Rebreather und Stage-Flasche dabei. Wie lange der wohl schon vor dem Loch gelegen hat? Da die Mandarinfische grelles Licht nicht mögen, empfehlen die Guides, sie nur mit gedämpftem Licht zu beobachten. In der Bucht sind nachts allerlei Krabben und Einsiedlerkrebse unterwegs, die sich tagsüber verstecken. Muränen schlängeln sich auf der Jagd umher. Ein Guide entdeckt einen winzigen Baby-Kalmar, der wie ein Grosser drohend die Fangärmchen als Hörner aufstellt. Auf einer Steinkoralle kuscheln sich ein Dutzend Seenadeln aneinander. Leider gibt es auch etwas Negatives zu erwähnen: Der Strand und die Bucht vor Sabang sind nicht zum Baden und Schnorcheln geeignet. Der Bootsverkehr ist zu hoch und man riecht, dass das Städtchen keine Kläranlage besitzt. Aber etwa 20 Minuten zu Fuss weiter westlich befindet sich eine ruhigere Bucht mit sauberem Wasser.Reiseinfos
Südwestlich von der Hauptinsel Luzon liegt die Insel Mindoro. Das Landesinnere ist gebirgig und bewaldet. Im Norden ragt beim Städtchen Puerto Galera eine kleine Halbinsel ins Meer hinaus und verzweigt sich zu zahlreichen Buchten und einem grossen natürlichen Hafen. In einer flachen Bucht am äusseren Ende dieser Halbinsel liegt Sabang. Anreise vom Flughafen in Manila: ca. 2½ Stunden Busfahrt bis zum Hafen in Batangas, von dort aus ca. 1½ Stunden mit der Banka direkt an den Strand von Sabang.
- www.divezone.ch
- www.cocktaildivers.de
- Fotogalerien über und unter Wasser